In diesem Abschnitt werden wir uns mit der Rolle und den Aufgaben des Senders in der Kommunikation auseinandersetzen. Das Existieren des Produzenten (des Senders) im Prozess der zwischenmenschlichen (verbalen und nonverbalen) Kommunikation ist unumstritten. Von ihm gehen alle Botschaften aus, die an den Empfänger gerichtet sind, er sendet und kodiert mit Hilfe gesprochener und/oder geschriebener Sprache all die Nachrichten, die dann der Rezipient (der Empfänger) wahrnehmen, verarbeiten und dekodieren muss, damit die Kommunikation gelingt. All dies geschieht über Kommunikationskanäle (durch den akustisch-auditiven und optisch-visuellen Kanal), mit denen wir uns aber im nächsten Kapitel beschäftigen werden. Jetzt richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Rolle des Senders im Prozess der fremdsprachlichen Kommunikation.
Der Sender bildet sozusagen eine Seite der Kommunikation, weil die andere dem Empfänger gehört. Er bietet das (Lern-)Material auf akustische, visuelle oder akustisch-visuelle Weise dar (Szczodrowski 2001:72). Wenn wir mit der Darbietung des Lernstoffes zu tun haben, also mit einer schulischen Situation, dann sind auch gewisse Bedingungen zu erfüllen. Der Lehrende muss sich nämlich darüber Gedanken machen, wie die Informationen zum Senden vorbereitet werden sollen, damit sie die Lernenden verstehen und in welcher Reihenfolge sie dargeboten werden sollen. Andere Überlegungen zum Thema Aufgaben und Rolle des Lehrers als des Senders stellen wir im Kapitel 2.1. an. Jetzt aber wollen wir zur Rolle des Senders zurückkehren, und uns dabei der Untersuchungen von Schulz von Thun (1981:13 f., 25 ff.) bedienen sowie das sog. Vier-Seiten-Modell präsentieren, das die Anatomie einer Nachricht darstellt. In diesem Teil der Arbeit aber untersuchen wir das Modell zuerst allgemein. Die Seite des Senders und die des Empfängers beschreiben wir ferner.
Das Modell behandelt den Vorgang der zwischenmenschlichen Kommunikation gleichzeitig von vier Seiten und berücksichtigt deren vier Aspekte: den Sach-, Beziehungs-, Selbstkundgabe- und Appellaspekt (s. Abb. 2).
Abb. 2: Vier Seiten der Nachricht ? ein Modellstück der zwischenmenschlichen Kommunikation (Schulz von Thun 1981:14).
Der Sachinhalt sagt uns, wie wir die Botschaften klar und verständlich mitteilen können. Diese Botschaften enthalten gewisse Sachinformationen, die uns konkret sagen, was mitgeteilt wird. Der Beziehungsaspekt dagegen hat etwas mit unseren Gefühlen zu tun, er sagt uns nämlich, wie wir unsere Gesprächspartner durch die Art unserer Kommunikation behandeln, was wir von ihnen halten und wie sie sich dann fühlen. Der Selbstoffenbarungsaspekt erklärt, dass die gesendete Botschaft nicht nur eine reine Information ist, sondern auch etwas Persönliches enthält, was der Sender mitteilen wollte, sozusagen einen Teil von dessen Persönlichkeit. Wenn wir die Nachrichten aus der Sicht der ?zu-erzielenden-Wirkung? betrachten, müssen wir auch den Appellaspekt berücksichtigen. Er informiert uns, dass der Produzent etwas mit seiner Botschaft erreichen will, was aber versteckt geschieht.
Damit die Seite des Senders, der seine kommunikative Ansicht in Zeichen verschlüsselt, klar ist, präsentieren wir noch eine andere Abbildung, die die hier ablaufenden Prozesse sichtbar macht:
Abb. 3: ARZT & WIRTSCHAFT 10/2005, S. 42 und www.schulz-von-thun.de (Sender und Empfänger Abbildungen)
Schulz von Thun hat dem Produzenten vier Schnäbel zugeschrieben, mit Hilfe deren er seine Nachrichten formuliert und sendet, und so haben wir mit vier Aspekten der Kommunikation zu tun (Schulz von Thun 1981:26 ff.):
- Sachinhalt
Das ist die reine Sachinformation, die nur die bloße Nachricht enthält. Dabei stellt sich der Sender die Fragen: ?Worüber informiere ich??, ?Was will ich dem Empfänger sagen??. Sachinformationen werden ständig mitgeteilt, einerseits mündlich, andererseits schriftlich, sogar jetzt, in dieser Arbeit werden sie übermittelt. Der Sachinhalt ist nicht das Einzige, was während der zwischenmenschlichen Kommunikation betrachtet werden muss. Wichtig sind auch unsere Gefühle, die mit der Nachricht gesendet werden, deshalb gehen wir zum nächsten sog. Schnabel des Senders über.
- Selbstkundgabe
Dieser Aspekt der zwischenmenschlichen Kommunikation gibt uns bekannt, dass der Produzent, wenn er kommuniziert, nicht nur etwas mitteilt, sondern noch etwas von sich selbst sagt, er zeigt seine Gefühle und seine Einstellung zum Rezipienten. Das sind nie reine Sachinhalte. Wenn die Rezipienten die Nachrichten auf dieser Ebene wahrnehmen, erfahren sie schon etwas darüber, wie der Sender seine Gedanken formuliert und welche Elemente seiner Aussage wichtig sind (ebd.:27).
- Beziehung
Wenn wir die Beziehung in der Kommunikation analysieren wollen, dann machen wir die Erfahrung, dass der Sender zwei wichtige Fragen zu beantworten hat: ?Was halte ich von dir?? und ?Wie stehen wir (d. h. der Sender und der Empfänger) zueinander?? (ebd.: 27). Die Verfahrensweise bei der Nachrichtenformulierung und deren sprachliche aber auch nichtsprachliche Elemente geben uns bekannt, was der Produzent vom Rezipienten hält und wie beide zueinander stehen. Der Rezipient, dessen ?vier Ohren? wir im nächsten Abschnitt beschreiben werden, kann sich hier entweder beleidigt oder gut behandelt fühlen, weil hier bei ihm das sog. Beziehungs-Ohr besonders empfindlich ist.
- Appell
Die auf dieser Ebene gesendeten Botschaften enthalten in den meisten Fällen die Funktion der Einflussnahme auf den Empfänger. Hier will der Sender etwas bei dem Empfänger erreichen. Das kann versteckt und unbemerkt geschehen aber auch offen, explizit. Dabei können auch andere drei Seiten der Nachricht berücksichtigt werden (ebd.:29), damit nur der Versuch der Beeinflussung des Empfängers durch den Sender gelingt. Eine solche Vorgehensweise grenzt schon an Manipulation, was nicht immer positiv betrachtet wird.
Diesen Abschnitt haben wir der Rolle und den Aufgaben des Senders gewidmet. Um sie klar und deutlich zu veranschaulichen, haben wir die Untersuchungen von Schulz von Thun (1981) benutzt und die Art und Weise der Nachrichtenformulierung auf vier Ebenen beschrieben. Diese Ebenen heißen: Sachinhalt, Selbstkundgabe, Beziehung und Appell. Wenn die Nachrichten im Geiste der ?gesunden Kommunikation? gesendet werden sollen, sind alle ihre vier Seiten zu berücksichtigen und die Informationen werden dann vom Empfänger ohne Störungen wahrgenommen und entschlüsselt. Wenn aber eine oder mehrere Ebenen unbeachtet bleiben oder zu anderen als den vorgeschrieben Zwecken dienen, kann nicht von einer gelungenen Kommunikation die Rede sein.